CLP Interviewreihe: Magda Grünenwald

Wie können Juristen von einer Coachingausbildung profitieren?
Und wo genau kommt (Legal) Coaching in der juristischen Praxis zum Einsatz?
Magda Grünenwald, General Counsel, Rechtsanwältin und (Legal) Coach im Interview bei CLP.

Magda Grünenwald ist nach dem Studium der Rechts- und Kommunikationswissenschaften in Münster, Oslo, New York und Berlin und mehr als 10 Jahren Rechtsberatung Inhouse und in Kanzleien im Startup- und Tech-Bereich derzeit als General Counsel, Rechtsanwältin und Coach tätig. Als zertifizierte Business Coach begleitet sie Jurist:innen, Tech-Fachkräfte und Unternehmen bei Veränderungs- und Innovationsprozessen. Sie ist außerdem als Mentorin für junge Juristinnen und Gründerinnen aktiv.

Magda Grünenwald ist Mitgründerin des New Legal Network, das Netzwerk für ganzheitliche Rechtsberater:innen, was es sich als non-profit Netzwerk zur Aufgabe gemacht hat, innovative Kräfte zu bündeln und die Transformation des Rechtsmarkts aktiv mitzugestalten.

Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, ist begeisterte Hüttenwanderin und Yogini und malt zur Entspannung hässliche Bilder.

1.Wann haben Sie sich zum ersten Mal mit Coaching beschäftigt und warum? Was hat Sie daran besonders fasziniert?

Schon während des Studiums hat mich Coaching als Karrieretool fasziniert und der Traum, das einmal beruflich zu machen, war geboren. Der Abschluss des Jurastudiums war jedoch damals die sichere Bank, weil ich glaubte, als Coach in so jungen Jahren nicht die notwendige Erfahrung und Seniorität zu haben. So wagte ich es dann erst aus der beruflichen Erfahrung heraus, Coach zu werden. Auch wenn ich es vielleicht vorher unterbewusst schon ein Stück gewesen bin.

Ich mag an Coaching, dass jede Person diese Methoden selbst oder mit Unterstützung eines Coaches anwenden kann, maßgeschneidert auf die jeweilige Lebensfrage und Expertise. Das hat etwas total demokratisches. Außerdem besteht Coaching aus wissenschaftlich fundierten Methoden, zum Großteil aus der Psychologie, und verbindet sich gleichzeitig mit fach- und branchenspezifischem Wissen aus der Praxis. Coaching verbindet, ganz lebensnah, die Vogelperspektive auf Dinge mit konkreten Handlungsergebnissen, die die Betroffenen auch noch selbst erarbeiten.

2. Worauf haben Sie persönlich beim Erlernen von Coaching besonders geachtet? Was war dabei ihre größte Herausforderung?

Meine Supervisorin hat es damals so ausgedrückt: „Ich durfte Magda bei ihrer Entwicklung von der Beraterin zum Coach begleiten.“ Aktives Zuhören und die Risikobereitschaft des Gegenüber einzuschätzen, war etwas, das ich schon als Rechtsberaterin gemacht habe und was mir bei meiner Coach-Werdung geholfen hat. Die größte Herausforderung war für mich, nicht direkt in den Problem- oder Lösungsraum zu springen, so wie die juristische und auch generell akademische Ausbildung es verlangt. Sondern eher ein Mindset zu kultivieren, das Leerstellen, Emotionen und Unlösbares zulässt. Die Beraterin „zu Hause“ zu lassen fällt mir bis heute in Coachings manchmal noch schwer, so tief ist man denke ich als vollausgebildete Jurist:in doch geprägt. Ich versuche das dann so zu lösen, dass ich, immer für die Klient:innen transparent und nur wenn das ausdrücklich gewünscht ist, den Coach-Hut ab und den Berater:innen-Hut aufsetze.

3. Was hat sich für Sie nach Ihrer Coachingausbildung in Ihrer juristischen Tätigkeit verändert? Welche Reaktionen haben Sie von Kollegen, Mitarbeitern und Klienten erhalten?

Zunächst habe ich während meiner Coaching Ausbildung festgestellt, dass ich Elemente aus dem Coaching teilweise schon in meinen Alltag als Rechtsanwältin integriert hatte. Punkte, die als Beraterin und ebenso als Coach wichtig sind und die ich bei der Rechtsberatung und gleichermaßen beim Coaching noch verfeinern konnte: So etwas wie Zuhören, die persönliche Situation der Parteien und deren Beziehungen zueinander zu verstehen oder persönliche und unternehmerische Werte herauszuhören. Gerade nicht auf eine minutiöse faktische Sachverhaltsanalyse gehen, sondern eher auf die Stimmungen und Zwischentöne hören, ohne das aber direkt zu analysieren. Zum Beispiel bei Exit- und Finanzierungstransaktionen, wo es neben der rein rechtlichen Beratung auch darum geht, die unterschiedlichen Parteien und Stakeholder auf Kurs zum Abschluss zu halten und emotionale Zwischentöne richtig zu deuten.

Juristische Kolleg:innen haben vielfach den Schritt bewundert, sich auch fachfremd weiterzubilden und sich so neue Perspektiven zu erschließen, und das neben dem Job. Was ganz organisch durch die Ausbildung passiert ist, ist, dass ich persönlich wachsen und mir gleichzeitig Klient:innen erschließen konnte, die noch besser zu meiner Arbeitsweise passen und dass die Beziehungspflege leichter fällt als zuvor. Das hat dann auch dazu geführt, netzwerken für mich neu zu denken und 2020 ein eigenes Netzwerk, das New Legal Network zu gründen. Oft bekomme ich von Nicht-Jurist:innen und Jurist:innen gleichermaßen das Feedback, dass dem Rechtsmarkt generell ein Transformations-Coaching gut tun würde. Dazu sehe ich als Coach und Jurist:in auch einen Auftrag, zu dem ich vielfach positive Rückmeldungen bekomme.

4. Wozu setzen Sie Coaching heute in Ihrer beruflichen Situation ein?

Ich biete klassische Einzel-Coachings für Jurist:innen und Tech-Fachkräfte an, die mehr berufliche Zufriedenheit erreichen wollen und bereit sind herauszufinden, was sie für den dafür anstehenden Sprung brauchen. Der Schlüssel ist dabei aus meiner Sicht das persönliche „warum“ wirklich zu verstehen und anzunehmen.

Als Rechtsanwältin extern oder Inhouse setze ich ebenfalls Techniken aus dem Coaching sowie agile Methoden ein. Das hat sich besonders bei komplexen Projekten bewährt, die ein starkes „warum“ von unternehmensinternen Werten, aber auch Einzelpersonen zur Umsetzung brauchen. So etwas wie Umsetzung des Datenschutzkonzepts in einem Unternehmen und der Schwierigkeit, dies allen Mitarbeiter:innen verständlich zu machen und diese zudem zur Kooperation zu bewegen, obwohl es Mehrarbeit bedeutet. Viele Rechtsberater:innen arbeiten viel mit Risiko- und Angstszenarien, um nichtjuristische Stakeholder zu einer bestimmten Handlung zu motivieren. Techniken aus dem Coaching ermöglichen es, durch Fragen und Zuhören zusätzliche und vor allem individuellere Handlungs-Auslöser zu finden. Gerade in innovativen und Tech-Unternehmen sind Letztere vielfach effektiver, denn hier arbeiten oft weniger ängstliche Menschen.

5.  Wie hoch schätzen Sie insgesamt die Relevanz von Coaching oder Coachingausbildungen für Juristen ein? Wie nehmen Sie die Entwicklungstendenzen wahr?

Coaching hat meiner Meinung nach ein unheimliches Potential für den Rechtsmarkt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Mit der Nutzung von Frage- und Interaktionstechniken aus dem Coaching sind eine genauere Sachverhaltsanalyse und Ergebnisse in zugänglicherer Sprache möglich, was dann in jedem Bereich, egal ob Richer:in, Inhouse, in der Politik oder Behörde, den echten Unterschied für eine zugänglichere und effektivere Rechtsberatung machen kann. Rechtsberatung, die aus viel Projektarbeitsanteilen besteht, kann mit weniger Schmerz für alle Beteiligten ablaufen.

Es können sich neue Berufsbilder im Rechtsmarkt entwickeln, wie etwa der Legal Designer oder Engineer, die für ihre Aufgaben viele Fähigkeiten aus dem Coaching Bereich brauchen. In der Vergangenheit haben sicher viele Jurist:innen schon Coaching Methoden angewendet, inzwischen wird das sichtbarer gemacht und immer mehr honoriert. Durch Coaching werden denke ich immer mehr Löcher in der juristischen Ausbildung, die sehr einseitig auf rein juristisches Arbeiten ohne viel echten Mensch ausgerichtet ist, ausgeglichen.

Ihr persönliches Fazit:

Ich wünsche mir, dass der Rechtsmarkt in der modernen Arbeitswelt ankommt und das typische Bild der umständlichen, teuren und altbackenen Jurist:innen in der Gesellschaft aufgewertet wird. Meine Mission ist es, dazu mit meiner Coaching Tätigkeit und coachender Rechtsberatung beizutragen. Nach dem Motto „change is always good – erkennen, verstehen, verändern“!

Vielen herzlichen Dank.

Freuen Sie sich auf weitere (Legal) Coaches und lassen Sie sich inspirieren!

Mehr zu Magda Grünenwald finden Sie hier:

https://www.linkedin.com/in/magda-grünenwald-87207287/

https://www.magdagruenenwald.com/

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